Wir waren einst 13 Jungs in dieser kleinen Gruppe – gemischt an Alter, Herkunft und Bildung. Aber auch gemischt an Emotionen und ein unglaubliches Sammelsurium an Erlebnissen welche viel zu viele verschwiegen wurden.

Wir wurden lange nicht verstanden, nicht einmal von uns selbst. Die meisten waren durch Erlebtes geprägt, wie sehr konnte man nur ahnen aber nicht wirklich wissen. Wahrheit verdrängt durch Lügen, Lügen gegen Wahrheit und Wahrheit die zur Lüge wurde – ein Leben das nicht so war wie wir es leben wollten und auch nicht wie wir sollten.

Oft waren wir untereinander der einzige Halt, die einzige Zuflucht. Eine Art Familie die sehr schnell klein wurde – ein paar von uns wurden nicht einmal 20 Jahre bevor sie aufgaben. Ein paar wurden keine 30 Jahre – aufgerieben in diesem Kampf, wo wir selbst oft die gnadenlosesten Gegner von uns selbst waren.

Ich kann es niemandem beschreiben der da nicht dabei war – wir waren irgendwie krank, irgendwie Aussätzige, Opfer und Täter zugleich – wir lebten und gingen nach eigenen Regeln. Wir akzeptierten es nicht, dass wir einfach nur funktionieren und schweigen, akzeptieren sollen. Wir hatten andere Werte, Vorstellungen und selbst die stellten wir in Frage.

Marcel ist gegangen

Du warst schon fast wie Sie ….

Vertrauen kannten wir nicht – wahrscheinlich nicht einmal in uns selbst. Aber fühlen konnten wir – wohl mehr als viele sich nur denken können, dass dies möglich ist. Nur auch nicht in der „Norm“ – Marcel – genau er – sagte mit noch nicht einmal 16 Jahren – ( also vor rund 47 Jahren!) das was hier in Zentraleuropa passiert – das wird nicht gut enden – was die Menschen machen – ist ja widerlich unmenschlich. Alles nur noch Theoretiker, Redner und Lügner – wir Menschen vernichten uns selbst – ist die eigene Wahrheit die man kennen muss.

Er hat damals alles hinter sich gelassen und ist in eine andere Region gegangen, schlussendlich in eine für uns Art Dschungel, Nationalpark mit riesigem Ausmass gelandet wo er die letzten Jahrzehnte gelebt und gearbeitet hat. Zurück in diese gestörte Form von Selbstbelügen – also nach Europa – kam für ihn nie mehr in Frage.

Marcel wird nie mehr nach Europa kommen, ich werde ihn nie mehr sehen – er ist Gestern Abend für immer gegangen. Nach einem Unfall kam die Hilfe zu spät.

Wohl als einziger von uns allen hat er seinen Traum gelebt und zur Realität gemacht. Auf dem Papier wohl kaum – nur im Herzen war er mehr als mein Bruder, mehr als mein letzter Halt, mehr als ein Freund und wirklich unerreicht von seiner unglaublichen Art her. Vielleicht weil er das Leben gelebt hat was ich gerne gelebt hätte aber nicht umgesetzt habe.

Er wird für mich immer existent bleiben – in mir drin – in meinen Gedanken – meinen Gefühlen und all meinem tun. Ohne Ihn hätte ich auch nicht die 20 Jahre und auch nicht die 30 Jahre geschafft – wahrscheinlich keiner von uns, die wir nun nicht mehr sind. Denn obwohl er nicht bei uns war, war er mehr als Mentor, Impuls und Mental unerreichbar – wohl allein schon weil er sich selbst war und sich selbst treu geblieben ist. Er hat mich verstanden und gefühlt. Er war da ohne da zu sein – manchmal wohl mehr als ich selbst.

Er hat wohl mein Leben mehr geprägt als jeder andere, hat mir geholfen meine Irrfahrt zu beenden und einen eigenen Weg zu gehen, der halt immer noch nicht verstanden wird – aber zumindest von mir selbst. Es ist richtig für mich und ein absolutes Muss – denn ich kann nicht gegen mich selbst leben.

Er wird für mich bleiben – egal wo – er wird immer präsent sein in meinem Denken, Handeln und fühlen. Nicht viele durften Dich kennen lernen – die wenigen werden Dich so wenig vergessen wie alle die wo Du getroffen hast in Deinem Leben.